Antibiotika werden in Thüringen wieder häufiger verschrieben. Zu diesem Ergebnis kommt das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) in einer Untersuchung der Arzneimittelverordnungen aller gesetzlich Versicherten. Nachdem die Zahl der Verordnungen im Freistaat vor der Corona-Pandemie rückläufig war, steigt sie seit 2022 wieder und hat 2023 erstmals wieder das Vor-Corona-Niveau überschritten.
Im Jahr 2023 wurden gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland insgesamt 323,7 Millionen Tagesdosen Antibiotika verordnet. Statistisch ergibt dies 486 Antibiotikaverordnungen je 1.000 Versicherte in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Im bundesweiten Vergleich weist Thüringen mit 344 Verordnungen je 1.000 GKV-Versicherten den drittniedrigsten Wert an Verordnungen auf. Nur in Brandenburg und Hamburg waren es noch weniger. Die höchste Verschreibungsquote weist das Saarland auf mit 539,3 Verordnungen je 1.000 gesetzlich Versicherten.
668.000 mal wurden im Jahr 2023 in Thüringen Antibiotika verordnet. Vor zehn Jahren hatte die Zahl der Verordnungen noch bei 850.000 gelegen (2014) und war während der Pandemie auf 435.000 gesunken (2021).
Als besonders kritisch stuft der WIdO-Bericht den Anteil der Verschreibungen sogenannter Reserveantibiotika ein. Hierbei handelt es sich um Medikamente, die oft als eine der letzten Therapieoptionen eingesetzt werden, wenn herkömmliche Antibiotika nicht mehr wirken. Dafür sollte ihrem Einsatz der Nachweis eines multiresistenten Erregers vorausgegangen sein. Außerdem dürfen sie bei schweren, potenziell tödlich verlaufenden Infektionen eingesetzt werden, wenn der Erregernachweis nicht abgewartet werden kann. In Thüringen waren im Jahr 2023 mehr als die Hälfte aller Antibiotikaverordnungen Reserveantibiotika (50,6 Prozent). Damit verzeichnet der Freistaat im Ländervergleich den fünfthöchsten Wert. Auffällig sind die großen regionalen Unterschiede beim Einsatz der Reserveantibiotika: Hier reicht die Spanne von 33,3 Prozent in Bremen bis 53,4 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern.
Dazu sagt Rainer Striebel, Vorstandsvorsitzender der AOK PLUS: „Um die Wirksamkeit von Antibiotika langfristig zu erhalten, ist es zwingend notwendig, Resistenzen zu vermeiden. Insbesondere Reserveantibiotika sind häufig der letzte Trumpf der Ärzte und keine unerschöpfliche Quelle. In den vergangenen zehn Jahren waren nur acht von insgesamt 367 neu auf den Markt gebrachten Wirkstoffen Antibiotika. Entsprechend sorgsam sollte mit ihnen umgegangen werden.“
Zu Beginn einer Erkrankung ist es nicht immer leicht, zu erkennen, ob es sich um eine virale oder bakterielle Infektion handelt. Studien belegen aber, dass eine labormedizinische Abklärung der Infektionsursache den Antibiotika-Einsatz um 30 bis 40 Prozent verringern kann. Hier leistet die AOK PLUS mit dem Schnelltest PLUS einen besonderen Beitrag.
Dazu Rainer Striebel: „Kinder- und Jugendärzte sowie Hausärzte in Thüringen, welche an dem Versorgungsangebot teilnehmen, können den Schnelltest PLUS direkt in ihrer Praxis durchführen und über die Gesundheitskarte abrechnen. Durch die sofortige Diagnosestellung kann der Arzt die richtige Therapie mit oder ohne Antibiotika einleiten. Den Menschen wird schnell und gezielt geholfen. So unterstützen wir aktiv den notwendigen Einsatz von Antibiotika, gemäß dem Grundsatz: ‚So viel wie nötig, so wenig wie möglich‘“.
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