- Durch Vergleich: Kund:innen kommen teils schneller aus ihren Verträgen und erhalten günstigere Energietarife als zuvor – auch rückwirkend
- Preise für Strom oder Gas können sich je nach Fall mehr als halbieren
- Anbieter sorgten auch bei Thüringer:innen vielfach für Ärger
- Vergleichs-Check des vzbv zeigt, wer wie profitiert
Eigenmächtige Preiserhöhungen, Festhalten in gekündigten Verträgen, unzureichende Informationen zum Widerrufsrecht: Die Strom- und Gasanbieter primastrom, voxenergie und nowenergy sorgten in der Vergangenheit vielfach für Ärger bei Kund:innen – auch in Thürigen. Nun haben sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Unternehmensgruppe primaholding außergerichtlich verglichen. Wer profitiert und wie sich Kund:innen Geld zurückholen können, zeigt der Vergleichs-Check des vzbv.
„Die primaholding-Gruppe wollte Kund:innen länger als erlaubt an sich binden und drückte ihnen unzulässige Preiserhöhungen aufs Auge. Gut für Verbraucher:innen, dass eine umfangreiche außergerichtliche Einigung gelungen ist. Statt eines langen Gerichtsverfahrens haben Kund:innen nun nach einem Vergleich Klarheit. Sie können sich erhebliche Beträge zurückholen und Verträge schneller beenden. Wer profitieren will, muss seinen Anbieter lediglich anschreiben”, sagt Ramona Pop, vzbv-Vorständin.
VERGLEICHE ENTLASTEN KUND:INNEN
Die außergerichtliche Einigung räumt mehrere Probleme ab, in denen primaholding-Unternehmen aus Sicht des vzbv unzulässig gegenüber Kund:innen agierten:
- Zurückgewiesene Widerrufserklärungen: In den zurückliegenden Jahren haben die Energieanbieter Widerrufe als verspätet zurückgewiesen und Verbraucher:innen nicht aus den Verträgen entlassen. Je nach Einzelfall können Kund:innen sofort oder früher als gedacht aus ihren Verträgen kommen und – auch rückwirkend – günstigere Tarife erhalten. Bestimmte Vertragswiderrufe können auch jetzt noch getätigt werden.
- Unverhältnismäßig lange Laufzeiten nach Kündigung: Nachdem Kund:innen ihre Verträge gekündigt hatten, gab es Fälle, in denen die Anbieter das Vertragsende erst weit in der Zukunft bestätigten – teilweise erst 2027. Der Vergleich legt fest, dass Kund:innen, die bereits gekündigt haben, grundsätzlich spätestens zwei Jahre nach Vertragsbeginn aus ihren Verträgen entlassen werden. Außerdem profitieren Kund:innen von günstigeren Preisen, die ab der Kündigungserklärung für ihre Verträge gelten. Sie müssen dafür ihren Anbieter anschreiben. Auch, wer jetzt noch kündigt, kann bessere Konditionen erhalten.
- Angebliche Preissenkungen: primastrom, voxenergie und nowenergy gingen mit „Preissenkungsschreiben“ auf ihre Kund:innen zu, nachdem sie die Preise zunächst eigenmächtig erhöht hatten. Das Problem: Die beworbenen Preise waren zwar etwas günstiger als die bis dato berechneten Preise. Jedoch lagen sie immer noch weit über dem Marktdurchschnitt. Wer so ein Angebot annahm, war an die überhöhten Preise gebunden. Der außergerichtliche Vergleich legt eine Obergrenze fest, zu welchen Preisen Strom und Gas abgerechnet werden dürfen. Je nach Situation können sich Arbeitspreise dadurch rückwirkend mehr als halbieren.
Im Ergebnis sieht der vzbv von einer Sammelklage gegen die primaholding-Gruppe ab.
KUND:INNEN MÜSSEN AKTIV WERDEN
- Wer gegenüber primastrom, voxenergie oder nowenergy den Widerruf oder die Kündigung bereits erklärt hat, muss sich gegenüber den Anbietern nur noch auf den Vergleich berufen. Dafür genügt eine E-Mail. Textbausteine und weitere Informationen, wohin sich die Betroffenen wenden können, finden sie unter www.sammelklagen.de/verfahren/primaholding.
- Die Frist dafür endet am 31. Dezember 2024.
- Wer seinen Vertrag noch nicht widerrufen hat, kann das möglicherweise immer noch nachholen oder alternativ eine Kündigung einreichen. Auch dann können Verbraucher:innen vom Vergleich profitieren und bessere Konditionen erhalten.
- Der Vergleichs-Check des vzbv gibt Orientierung für die unterschiedlichen Fallkonstellationen.
BEDEUTUNG FÜR THÜRINGEN
Über die drei Energieanbieter haben sich auch viele Thüringer:innen beschwert. „Seit vielen Monaten beraten wir zu immer wieder ähnlichen Konstellationen, die die Menschen finanziell stark belasten“, sagt Claudia Kreft, Energiejuristin bei der Verbraucherzentrale Thüringen. „Der Vergleich ist nicht nur ein Sieg für die betroffenen Kund:innen, sondern auch ein starkes Signal an die Energieanbieter, dass solche Praktiken nicht toleriert werden.“ Die festgelegte Frist gebe den Kund:innen ausreichend Zeit, aktiv zu werden. Wer Unterstützung benötigt, kann sich an die Verbraucherzentrale Thüringen wenden.
- Terminvergabe Beratung „Energierecht“ unter 0361 555 14 0
- Kostenfreie Kurzberatung „Energierecht“ unter 0361 555 14 78 dienstags von 13 bis 15 sowie donnerstags von 9 bis 12 Uhr (ohne Termin).
Hintergrund
Bereits Anfang des Jahres 2024 erzielte der vzbv einen Vergleich mit den primaholding-Töchtern primastrom und voxenergie, der Entlastungen für Kund:innen mit sich brachte. Daraufhin hatte der vzbv seine Musterfeststellungsklagen gegen die beiden Anbieter zurückgezogen. Der nun erzielte Vergleich mit primastrom, voxenergie und nowenergy erweitert den Kreis derjenigen, die profitieren: Neben den Kund:innen von primastrom und voxenergie erzielt der Vergleich nun auch Verbesserungen für Kund:innen von nowenergy.
Primastrom, voxenergie und nowenergy halten weiterhin daran fest, dass ihr bisheriges Verhalten rechtlich nicht zu beanstanden war. Zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung haben sie die Verpflichtungen aus dem Vergleich aber akzeptiert.
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