Dreiviertel der Deutschen kennen Rückenschmerzen aus leidvoller Erfahrung. 15 Prozent plagen sogar chronische Beschwerden. Zumeist liegen die Ursachen in der Muskulatur und lassen sich durch Aktivität behandeln. „Ein gesunder Rücken braucht regelmäßige Bewegung“, erklärt Dr. Melanie Volkmer von der Knappschaft-Bahn-See (KBS).
Körperlich schwere Arbeit, Verschleiß, Entzündungen oder dauerhaftes Sitzen: immer mehr Menschen klagen über Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, die laut Krankenkasse KNAPPSCHAFT zu den häufigsten Gründen für Arbeitsunfähigkeit zählen. Röntgenbilder liefern nur selten Aufschluss, etwa bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule. „Den meisten Schmerzen liegt keine Rückenverletzung zugrunde. Sie sind so betrachtet ungefährlich“, sagt Dr. Melanie Volkmer, Leiterin des Sozialmedizinischen Dienstes der Knappschaft-Bahn-See (KBS) in Bad Homburg. In nahezu 90 Prozent der Fälle sei die Muskulatur entscheidend. Denn an Aufbau und Funktion der Wirbelsäule sind viele Gelenke und über 200 Muskeln beteiligt.
Hauptgrund für die steigende Zahl von Rückenleiden ist die moderne Lebens- und Arbeitsweise; Büroalltag, Autofahren, Freizeitgestaltung vor Fernseher, Computer oder auf der Couch.
Akute Rückenschmerzen treten oft nach einer starken Belastung oder einer plötzlichen falschen Bewegung auf. Dann habe sich ein Gelenk verhakt oder ein Nerv verklemmt. „In solchen Fällen verschwinden die Schmerzen nach einigen Tagen zumeist wieder von allein“, berichtet die Allgemeinmedizinerin. „Die meisten Rückenleiden sind auf Schreibtischarbeit zurückzuführen“, konkretisiert Gesundheitsexpertin Volkmer. „Infolge ausdauernden Sitzens werden die Bandscheiben nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt, sie verlieren an Elastizität. Die Rückenmuskulatur erschlafft und kann die Wirbelsäule nicht mehr ausreichend stützen“, ergänzt die Medizinerin. Durch Fehlhaltungen oder einseitige Belastungen komme es zu Muskelverspannungen und Schmerzen. Bandscheiben verstrockneten, Muskeln verkümmerten.
Rückenschmerzen werden zunehmend für Jüngere zum ernsthaften Problem. Das stehe auch im Zusammenhang mit PC, Laptop, Tablet und Smartphone. „Deren Bedienung fördert eine körperlich ungesunde Zwangshaltung. Ein Knackpunkt ist die Halswirbelsäule“, sagt die Ärztin.
Mit regelmäßiger körperlicher Aktivität sowie Muskeltraining lasse sich vielen Beschwerden wirksam begegnen, erläutert Dr. Melanie Volkmer. „Die Wirbelsäule ist für Bewegung ausgelegt.
Generell ist es ein Irrtum, sich bei Rückenschmerzen schonen zu wollen. Gerade dann ist körperliche Aktivität wichtig.“ Schonhaltungen und das Vermeiden von Bewegung verschlimmerten die Situation oft und verzögerten die Genesung, weiß die Sozialmedizinerin der Knappschaft-Bahn-See. Wichtig sei allerdings, sich moderat und rückenschonend zu bewegen.
Dabei könne eine Physiotherapie Unterstützung leisten.
Auch dauerhafter Stress oder psychische Probleme könnten sich auf den Rücken auswirken. KBS-Gesundheitsexpertin Volkmer: „Die Anspannung überträgt sich auf die Muskeln und führt oft zu Verkrampfungen.“ In solchen Fällen sind Entspannungsübungen eine gute Therapie. Ein weiterer Risikofaktor für Rückenleiden sei starkes Übergewicht. „Das belastet Gelenke, Muskeln und Sehnen und fördert den Verschleiß“, so die Allgemeinmedizinerin.
Bei mit Muskelschwäche oder Gefühlsstörungen an Armen oder Beinen verbundenen Schmerzen sowie bei chronischen Rückenprobleme sollte eine Ärztin oder ein Arzt hinzugezogen werden, ergänzt Dr. Melanie Volkmer. Schmerzen über einen Zeitraum vom mehr als drei Monaten können auf ernsthafte organische Probleme verweisen - oder ein ausgeprägtes Schmerzgedächtnisses. Medikamente, Spritzen und Operationen seien bei unspezifischen Rückenschmerzen hingegen oft nicht hilfreich, betont Volkmer. „Sie bergen eher gewisse Risiken und sollten zurückhaltend eingesetzt werden“. Generell sollte man erst konservative Behandlungsmethoden ausschöpfen, bevor man einen Eingriff in Betracht zieht. Volkmer: „Denn auch nach einer OP sind nicht alle Probleme gelöst. Auch dann muss man weiter etwas für seinen Rücken tun.“
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