Liebe Bürgerinnen und Bürger,
das zu Ende gehende Jahr hatte es in sich und so sollten wir die bevorstehenden Weihnachtstage nutzen, um zur Ruhe zu kommen, um auszuspannen, um innezuhalten und Kraft zu tanken. Wo könnten wir das besser als im Kreis der Familie, sei sie groß oder klein? Im Spiel mit den Kindern, beim Plausch mit den Eltern, bei der Pflege unserer Bräuche und bei einem köstlichen Weihnachtsessen werden wir uns der schönen Tatsache bewusst, dass die globalen Dauerkrisen uns die Lebensfreude nicht nehmen können. An Weihnachten spüren wir, was wir im Alltag oft verdrängen: Es geht uns hier in Altenburg gut.
Ich wünschte, das in der Weihnachtszeit verbreitete Gefühl der Zufriedenheit würde den Jahreswechsel überdauern und 2025 zum Jahr der Freundlichkeit werden. Doch aus Gesprächen weiß ich, dass viele Menschen zwischen ihrer privaten Situation und der öffentlichen Lage unterscheiden und sie über letztere anhaltend besorgt sind. Ein gewisses Unwohlsein hat sich in ganz Deutschland ausgebreitet, da scheinen Freundlichkeit und unbeschwertes Auftreten unangebracht zu sein. Doch bei allem Verständnis für dieses diffuse Gefühl des Unbehagens: Es verbietet sich, Frust an Politikern abzureagieren, „die da oben“ mit wüsten Beschimpfungen zu überziehen. Und das gilt erst recht für diejenigen Altenburgerinnen und Altenburger, die sich ehrenamtlich im Stadtrat engagieren. Wenn sie, nachdem sie eine unpopuläre Entscheidung treffen mussten, im Internet angeprangert werden, erinnert das an die finsterste Zeit des Mittelalters.
Anders als oft behauptet wird, bekommen viele, die in Deutschland Regierungsverantwortung tragen, sehr wohl mit, wie die Stimmung in der Bevölkerung ist, nicht nur bei Wahlen. Als ich vor wenigen Wochen auf Einladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Berlin an einer Podiumsdiskussion teilnahm, wurden meine und andere kritische Einlassungen zustimmend aufgenommen. Die Diskussion war Teil der Auftaktveranstaltung für die „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ – diese Überschrift beschreibt den Kern unserer gegenwärtigen Probleme. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Lösungskraft des Staates schwindet, dagegen hilft nur: Lösungen suchen, finden und umsetzen. Dabei gilt: Auch kleine Erfolge sind wichtig. So hatte der Bundespräsident bei seiner „Ortszeit“ in Altenburg, zu der er ja mit der Bahn anreiste, versprochen, sich für einen ursprünglich nicht geplanten Fahrstuhl zum Gleis 1 einzusetzen und heute wissen wir: Er hat Wort gehalten.
Weil ich den Eindruck habe, dass diese Initiative Gutes bewirken kann, werde ich in der Arbeitsgruppe für „Öffentliche Verwaltung und Föderalismus“ unter der Leitung des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Andreas Voßkuhle, mitwirken. Wie sehr Überregulierung dieses Land lähmt, davon kann ich als Chef der Altenburger Stadtverwaltung leider einiges berichten. Wenn es gelingt, die Überregulierung zurückzudrängen, wenn wir mehr Eigenverantwortung auch in Verwaltungen zulassen, gewinnen wir doppelt: Wir streifen Fesseln ab und können die eingesparten Ressourcen stattdessen klug einsetzen.
Mein Eindruck ist: Es tut sich etwas, in Berlin und bei uns in Altenburg sowieso. Der Stadtrat hat, wenn auch mit knapper Mehrheit, in seiner letzten Sitzung dieses Jahres einen Doppelhaushalt für 2025 und 2026 beschlossen. Damit ist der Weg frei, um viele große und kleine Projekte zu finanzieren, die unsere Stadt noch lebens- und liebenswerter machen werden. Es werden neue Spielplätze und Straßen gebaut, aber auch Millionen für Großprojekte in die Hand genommen. So wollen wir die Generalsanierung der Erich-Mäder-Schule starten.
Es wird dauern, bis sich Deutschland berappelt, bis das Regieren auf allen Ebenen besser wird. Doch mit jedem kleinen Erfolg kann sich die Stimmung etwas aufhellen und das wird sich positiv auf unsere Alltagskultur, den zwischenmenschlichen Umgang, auswirken. Diese realistische Hoffnung gibt mir Kraft für die Arbeit und sie sollte jedem und jeder Mut machen, im Alltag mehr Freundlichkeit zu wagen.
Am 23. Februar sind Wahlen zum Deutschen Bundestag. Egal, wer die neue Regierung führen wird: Keine der großen Aufgaben wird schnell zur Zufriedenheit aller gelöst werden können. Doch wir sollten der neuen Regierung eine Chance geben, nicht gleich abwinken, sondern sie beim Wort nehmen. Und wer mit sich hadert, überhaupt wählen zu gehen, sollte in Länder schauen, in denen es keine freien Wahlen gibt. Dabei wird er feststellen: Selbst in einer überregulierten Demokratie lebt es sich viel besser als in autoritären oder gar diktatorischen Staaten.
Ich wünsche Ihnen von Herzen eine friedvoll-besinnliche Weihnachtszeit im Kreise Ihrer Lieben. Möge das neue Jahr uns so etwas wie Aufbruchstimmung bescheren.
Ihr André Neumann,
Oberbürgermeister
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