Was vor den Kommunalwahlen noch als Aufbruchsstimmung gefeiert wurde, hat sich mittlerweile in Ernüchterung verwandelt – ganz nach dem Motto: „Was interessieren uns die Versprechen von Gestern?
Ein Rückblick auf die Weichenstellungen des alten Kreistags
Kurz vor Ende der letzten Wahlperiode hatte der alte Kreistag ein zukunftsweisendes Regionalentwicklungskonzept verabschiedet – Im Wahlkampf betonte das Amtsinhaber Melzer immer wieder! Dieses sollte das Altenburger Land endlich auf die Überholspur bringen. Dringend notwendig, denn die Region gehört nach wie vor zu den einkommensschwächsten Gebieten der Bundesrepublik – sowohl in Bezug auf kommunale Einnahmen als auch auf die Einkommen der Bürgerinnen und Bürger.
Die Konsequenzen: Ein hoher Altersdurchschnitt, ein überdurchschnittliches Armutsrisiko für ältere Menschen und Familien sowie eine zunehmende soziale Schieflage.
Um dem entgegenzuwirken, beschloss der alte Kreistag eine qualitative Erweiterung des Jugendhilfeplans, die durch präventive Maßnahmen und ein Modellprojekt zur Stärkung junger Menschen langfristig Kosten im sozialen Bereich reduzieren und die Lebensqualität junger Menschen steigern sollte. Außerdem wurde der Ausbau des ÖPNV forciert, um Mobilität und soziale Teilhabe als Teil der Daseinsvorsorge zu sichern. Ebenso sollte ein Fokus auf regionale Entwicklung liegen, um unseren strukturschwachen Landkreis wirtschaftlich und sozial zu stärken.
Nichts davon findet sich in dem zur Beschlussfassung vorliegenden Haushalt wieder.
Im Haushaltsentwurf sind die eben genannten zentralen Beschlüsse schlichtweg verschwunden: Die Erweiterung des Jugendförderplans für 2025 wird ausgesetzt – stattdessen wird der Status quo eingefroren. Der nächste Schritt zum Ausbau des ÖPNV (Stufe 3), der vor allem den Süden des Landkreises betreffen würde, wird nicht mehr erwähnt, und die Maßnahmen zur regionalen (Weiter)Entwicklung fehlen vollständig.
Für die Fraktion Die LINKE Altenburger Land ist das inakzeptabel. „Während die Bevölkerung unter den steigenden Lebenshaltungskosten ächzt und die sozialen Auswirkungen immer sichtbarer werden, kürzt der Landrat mit dem vorgelegten Haushalt genau an den Stellen, die den Problemen entgegenwirken sollen!“ kritisiert Frank Tempel, Fraktionsvorsitzender der LINKEN.
Finanzierung des Kreises und der Gemeinden – ein Balanceakt
Die Finanzierung des Kreishaushalts basiert auf der Kreisumlage, die durch die Gemeinden aufgebracht wird. Gleichzeitig erbringt der Kreis jedoch zentrale Leistungen für die Einwohner dieser Gemeinden, insbesondere in Bereichen wie Bildung, Infrastruktur und Soziales.
Die steigenden Sozialausgaben belasten die Kreiskasse erheblich: Von 70 Millionen Euro im Jahr 2012 sind die Kosten auf inzwischen 115 Millionen Euro angestiegen. Da der Landkreis keine eigenen Einnahmen aus der Gewerbesteuer hat, können solche Kostensteigerungen nur über die Kreisumlage finanziert werden.
Frank Tempel betont die notwendige Balance: „Eine faire Verteilung der gestiegenen Gesamtsteuerkraft zwischen Gemeinden und Landkreis war immer meine Maxime. Es ist wichtig, dass beide Ebenen handlungsfähig bleiben.“
Prävention statt teure Reparaturmaßnahmen
Die geplanten Einsparungen im Haushalt sind besonders fatal, weil sie präventive Maßnahmen treffen, die langfristig erhebliche Kosten einsparen könnten.
Ein Beispiel ist die Streichung der dringend benötigten zusätzlichen Stelle für die aufsuchende Sozialarbeit. Tempel macht deutlich: „Das ist keine Einsparung, sondern eine Hypothek für die Zukunft! Jeder Euro, der in Prävention investiert wird, spart später ein Vielfaches an Sozialausgaben.“
Dazu gehört auch eine flächendeckende Versorgung mit Schulsozialarbeitern an allen Schulen sowie der Einsatz von Schulverwaltungsassistenten, um Schulen bei der zunehmenden Verwaltungsarbeit zu entlasten. „Das sind keine Luxusmaßnahmen, sondern essenzielle Bausteine für ein soziales und zukunftsfähiges Miteinander“, so Tempel weiter.
Wahlversprechen gebrochen
Frank Tempel spricht von einem klaren Wahlbetrug: „Alles, was vor den Kommunalwahlen für eine positive Entwicklung des Landkreises angestoßen wurde, ist im Haushalt nicht wiederzufinden. Der Landrat ist erneut nicht in der Lage, für bereits Beschlossenes zu kämpfen.“
Die Bürgermeister hatten Einsparungen von 1,8 Millionen Euro gefordert. Doch statt nachhaltiger und zukunftsorientierter Kürzungen gibt der Haushaltsentwurf vor allem die Schwäche des Landrats preis.
Frank Tempel richtet seinen Appell nicht nur an den Landrat, sondern auch an die Bürgermeister: „Wenn wir mit die einkommensschwächsten Kommunen Deutschlands haben, darf der Streit um die wenigen Einnahmen nicht die emotionalste Debatte des Jahres sein. Wir brauchen einen Schulterschluss und einen Blick über den städtischen Tellerrand hinaus. Nur so können wir langfristig Kosten einsparen, aber vor allem auch die Einnahmen erhöhen.“
Mit diesem Haushalt droht das Altenburger Land weiterhin zu den abgehängten Regionen Deutschlands zu gehören. Die LINKE fordert deshalb Nachbesserungen, um den beschlossenen Maßnahmen gerecht zu werden und die Zukunftsfähigkeit des Landkreises zu sichern.
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